Diese 4 UX Grundlagen sollte jeder kennen, der ein Online-Business hat und die User Experience verbessern möchte

Lerne mit nur ein paar einfachen UX Grundlagen die Benutzerfreundlichkeit deiner Website zu verbessern und deine Conversionrate zu boosten.

UX Elemente auf Screen
Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

  • Millersche Zahl: Beschränke Auswahlmöglichkeiten auf maximal 7 (+/-2) Elemente, um kognitive Überlastung zu vermeiden.
  • Restorff-Effekt: Nutze gezielte visuelle Hervorhebungen, um wichtige Elemente besser merkbar zu machen.
  • Hicksches Gesetz: Reduziere die Anzahl der Optionen, um Entscheidungsprozesse zu beschleunigen und Frustration zu vermeiden.
  • Serieller Positionseffekt: Platziere wichtige Informationen strategisch am Anfang oder Ende einer Sequenz, je nach Entscheidungssituation.

Was passiert in deinem Gehirn bei jeder neuen Website?

Bei jeder neuen Website durchläuft dein Gehirn einen komplexen Lernprozess.

Es lernt z. B. die Navigation und das Layout zu verstehen, einen Slider zu benutzen und den allseits beliebten Cookiehinweis immer wieder auf verschiedenste Art und Weise wegzuklicken.

Den Aufwand, den dein Gehirn dabei hat, nennt man kognitive Belastung.

Stell dir das so vor: Wenn dein Gehirn zu vielen Informationen gleichzeitig ausgesetzt ist, arbeitet es wie ein überlasteter Computer. Langsamer oder mit Aussetzern.

Als Websitebetreiber bedeutet das für dich:

Deine Besucher haben Probleme, Entscheidungen zu treffen, wissen nicht, wo sie klicken müssen, oder vergessen sogar, was sie ursprünglich auf deiner Seite machen wollten.

Die Folge?

Am Ende des Tages werden deine User wegen dieser Erfahrungen frustriert, verwirrt oder sogar aggressiv sein. Und immer wenn deine User negative Emotionen spüren, ist die User Experience schlecht. Was direkte Auswirkungen auf deine Conversion-Rate hat.

Ich möchte dir in diesem Artikel vier wissenschaftlich fundierte UX Grundlagen zeigen, mit denen du die User Experience deiner Website spürbar verbessern kannst.

Das Beste: Alle diese Grundlagen sind in Kombination anwendbar und du kannst sie nicht nur auf deiner Website, sondern bei allen digitalen Produkten, Anwendungen, Services und sogar im Alltag nutzen.

1. Die Millersche Zahl – Ein durchschnittlicher User kann nur 7 (+/- 2) Elemente im Kurzzeitgedächtnis behalten

1956 entdeckte der amerikanische Psychologe George A. Miller eine faszinierende Erkenntnis über das menschliche Gehirn: Menschen können durchschnittlich nur 7 (+/- 2) Dinge gleichzeitig im Kurzzeitgedächtnis behalten. Diese Kapazitätsgrenze ist genetisch bedingt und kann selbst durch intensives Training nicht wesentlich gesteigert werden.

Die Millersche Zahl ist wahrscheinlich eine der wichtigsten UX Grundlagen überhaupt und wird gleichzeitig von den meisten Unternehmen und Designern komplett ignoriert. Dabei ist die Anwendung dieser Regel so einfach und effektiv:

So wendest du die Millersche Zahl auf deiner Website an:

  • Ordne Informationen immer in Blöcken an, die nicht mehr als 9 Elemente beinhalten.
  • Bei mehr Elementen steigt die kognitive Belastung deiner User exponentiell an.
  • Reduziere Informationen durch sinnvolles Zusammenfassen, Kategorisieren und Clustern.

Das perfekte Beispiel ist eine Navigation mit zu vielen Menüpunkten. Viele Websites haben 10, 15 oder noch mehr Hauptmenüpunkte, was die kognitive Belastung der User unnötig erhöht.

Bei der Nutzung der Millerschen Zahl würdest du stattdessen maximal 9 wichtige Menüpunkte verwenden und weniger wichtige Punkte in Untermenüs zusammenfassen oder in den Footer verschieben.

2. Der Restorff-Effekt – Ein Element, das in einer homogenen Gruppe hervorsticht, merkt man sich besser

Die deutsche Psychologin Hedwig von Restorff entdeckte 1933 ein spannendes Phänomen: Wir erinnern uns besser an Inhalte, die sich vom Rest abheben. Wenn sich beispielsweise in einer Reihe von Buchstaben eine unerwartete Zahl befindet, bleibt genau diese Zahl stärker im Gedächtnis.

Den Restorff-Effekt (auch Isolations-Effekt genannt) kannst du immer dann gezielt einsetzen, wenn du mehrere ähnlich aussehende Elemente hast und eines oder mehrere davon besonders wichtig sind.

Beispiele für den Einsatz des Restorff-Effekts auf deiner Website

Der bekannteste Einsatz ist wahrscheinlich das markieren von Textenstellen in fetter Schrift.

Doch wichtig dabei: Nutze den Effekt nicht zu exzessiv, sonst verliert er seine Wirksamkeit innerhalb einer homogenen Gruppe. 😛

Navigation

Damit ein bestimmter Menüpunkt besser im Gedächtnis bleibt und auffälliger ist, kannst du diesen durch subtile visuelle Veränderungen hervorheben:

  • Leicht abweichende Farbe
  • Andere Schriftgröße
  • Kleines Icon daneben
  • Leichte Animation

Je nach Wichtigkeit des Menüpunkts kannst du die Hervorhebung stärker oder schwächer gestalten.

Ein Menüpunkt durch Farbe hervorgehoben

Produkte

Auch bei Produktlisten oder -galerien wird der Restorff-Effekt häufig eingesetzt:

  • Hebe bestimmte Produkte durch Farbe, Form oder Größe hervor
  • Verwende ein spezielles Badge oder Label (z.B. „Bestseller“, „Neu“ oder „Empfehlung“)
  • Setze einen leicht abweichenden Hintergrund ein

Wichtig: Beachte, dass sich das hervorgehobene Element nicht zu stark vom Rest unterscheiden darf, sonst wird es nicht mehr als Teil der Gruppe, sondern als eigenständiges Element wahrgenommen, was den User verwirren kann.

Hervorgehobenes Produkt als Beispiel für den Restorff-Effekt

3. Das Hicksche Gesetz – Schnellere Entscheidung durch weniger Auswahlmöglichkeiten

Das Hicksche Gesetz, benannt nach dem Psychologen William Edmund Hick, beschreibt einen elementaren Zusammenhang zwischen Optionen und Entscheidungsgeschwindigkeit:

Je mehr Auswahlmöglichkeiten einem Menschen präsentiert werden, desto länger braucht er, um eine Entscheidung zu treffen.

Klingt eigentlich logisch, oder? Je geringer die Anzahl der Reize, desto schneller die Reaktionszeit des Users.

Wenn du also deinem User sehr viele Auswahlmöglichkeiten präsentierst, wird dieser mehr Zeit brauchen, um diese zu interpretieren und eine Entscheidung zu treffen. Das führt zu Frustration und einer schlechten User Experience.

Bedeutet im Umkehrschluss:
Weniger Auswahlmöglichkeiten = schnellere Entscheidung und glückliche User

Das Hicksche Gesetz auf deiner Website anwenden

Auswahlmöglichkeiten zusammenfassen, kategorisieren und clustern

Wenn du möchtest, dass sich ein User möglichst schnell und sicher entscheidet, solltest du Auswahlmöglichkeiten gezielt verringern. Die optimale Anzahl liegt zwischen 1 und 5 Optionen.

Kommt dir das irgendwie bekannt vor? Richtig, die Millersche Zahl spielt hier auch eine große Rolle. Du solltest bestenfalls nicht mehr als 7 (+/-2) Auswahlmöglichkeiten darstellen.

Dieses Prinzip kannst du auf Listen, Navigationen, Produktkategorien und besonders auf Formulare anwenden.

Formulare optimieren

Bei Formularen wird das Problem besonders deutlich: Jedes zusätzliche Feld erhöht die Abbruchrate. Durch Gruppierung und Reduzierung auf das Wesentliche kannst du die User Experience deutlich verbessern:

  • Fasse zusammengehörige Felder in visuelle Gruppen
  • Reduziere die Anzahl der sichtbaren Felder
  • Verwende schrittweise Formulare statt eines einzelnen langen Formulars
  • Verstecke optionale Felder oder markiere sie klar als optional
Langes und kurzes Formular im Vergleich
Auch bei Formularen kann man das Hicksche Gesetz anwenden. Gruppiere Felder, um die User Experience zu verbessern.

Optionen hervorheben und Entscheidungen erleichtern

Eine weitere effektive Strategie: Vereinfache den Entscheidungsprozess, indem du die wichtigsten Optionen hervorhebst.

Beispiele dafür:

  • „Empfohlenes Paket“ bei Tarifen markieren
  • Bestseller in Produktlisten kennzeichnen
  • Standardoptionen vorauswählen

Wichtig: Diese Technik sollte nicht dazu missbraucht werden, um nur das teuerste Produkt hervorzuheben. Wenn du deine Zielgruppe wirklich verstehst, solltest du dem User zur für ihn besten Option verhelfen, das schafft Vertrauen und langfristige Kundenbindung. 😉

4. Serieller Positionseffekt – Das erste und letzte Element bleibt länger im Gedächtnis

Der Serielle Positionseffekt, geprägt von Hermann Ebbinghaus, beschreibt ein fundamentales Phänomen der menschlichen Wahrnehmung: Innerhalb einer Sequenz merken wir uns das erste und letzte Element am besten.

Dabei wirken zwei unterschiedliche psychologische Mechanismen:

Der Primäreffekt

Früher eingehende Informationen werden leichter ins Langzeitgedächtnis übertragen, da noch keine weiteren Informationen um Aufmerksamkeit konkurrieren.

Dadurch bleiben die ersten Elemente einer Liste oder Sequenz besonders gut in Erinnerung.

Der Rezenzeffekt

Später eingehende Informationen bleiben besser im Kurzzeitgedächtnis, da sie durch keine weiteren Informationen überschrieben werden. Die letzten Elemente einer Sequenz sind daher unmittelbar nach dem Lesen besonders präsent.

So setzt du den Seriellen Positionseffekt strategisch ein:

Bei schnellen Entscheidungsprozessen

Bei Entscheidungen, die kurz nach dem Lesen einer Liste getroffen werden (innerhalb von etwa 30 Sekunden), solltest du den wichtigsten Listenpunkt an die letzte Stelle setzen.

Das funktioniert besonders gut bei:

  • Produkten mit niedrigem Preis
  • Einfachen Kaufentscheidungen
  • Situationen mit geringer Entscheidungshürde
Produkt mit 30 Tage Geld zurück Garantie
Ein klassisches Beispiel: Die „30 Tage Geld-zurück-Garantie“ am Ende einer Produktbeschreibung wird bei schnellen Entscheidungen stärker wahrgenommen und kann den letzten Ausschlag zum Kauf geben.

Bei verzögerten Entscheidungsprozessen

Bei Entscheidungen, die erst einige Zeit nach dem Lesen einer Liste getroffen werden (mehr als 30 Sekunden später), solltest du den wichtigsten Punkt an die erste Stelle setzen. Dies empfiehlt sich bei:

  • Hochpreisigen Produkten
  • Komplexen Kaufentscheidungen
  • Vergleichsprozessen mit Wettbewerbern

Bei teuren Produkten vergleichen Kunden häufig verschiedene Angebote.

Hier wird der erste Punkt einer Liste länger im Langzeitgedächtnis bleiben. Wenn ein User deine Website verlässt und später zurückkehrt, wird er sich noch an diesen wichtigsten Vorteil erinnern.

Die 30 Tage zurück Garantie an erster Stelle der Liste wird dem User auch nach dem Verlassen der Seite noch länger im Gedächtnis bleiben.

Die Mitte einer Liste strategisch nutzen

Ein praktischer Tipp: Setze die unwichtigsten Elemente einer Liste in die Mitte. Diese werden vom User am wenigsten wahrgenommen, während der erste und letzte Punkt verstärkt im Gedächtnis bleibt.

Für Video- und Audioinhalte

Ein besonderer Hinweis für audiovisuelle Medien: Bei Videos und Podcasts solltest du die wichtigsten Informationen ans Ende setzen, da hier der Rezenzeffekt besonders stark wirkt. (Und du dadurch die wichtigste Info am Anfang anteasern kannst, das erzeugt eine Spannungslücke)

Was kommt als Nächstes?

Fühlst du dich manchmal überfordert von all den UX-Konzepten? Keine Sorge, das ging mir anfangs genauso! Erinnerst du dich an die Millersche Zahl? Genau! Konzentriere dich zunächst auf maximal 5-7 Verbesserungen gleichzeitig. 😉

Du hast jetzt Lust bekommen, mehr über UX Design zu lernen?

Hast du Lust bekommen, noch tiefer in die spannende Welt des UX-Designs einzutauchen?

Kann ich total verstehen!

Die vier UX-Grundlagen, die wir gerade besprochen haben, sind erst der Anfang einer Reise, die deine Website und dein Business komplett transformieren kann.

Damit du direkt weitermachen kannst, habe ich ein paar meiner Lieblingsressourcen für dich zusammengestellt:

Zum Weiterlesen und Vertiefen:

  • „Don’t Make Me Think“ von Steve Krug – DER Klassiker zum Thema Usability! Dieses Buch hat mir persönlich die Augen geöffnet und meine Herangehensweise an Websites komplett verändert.
  • „The Design of Everyday Things“ von Don Norman – Verstehe die Psychologie hinter gutem Design und warum manche Dinge einfach intuitiver zu benutzen sind als andere.
  • „Hooked“ von Nir Eyal – Wie baust du Produkte, die zur Gewohnheit werden? Dieses Buch zeigt dir, wie die erfolgreichsten digitalen Produkte ihre Nutzer langfristig binden. (und manchmal unglaublich manipulativ gestaltet werden 🤢)

Die besten UX-Blogs, die du kennen solltest:

  • Smashing Magazine – Mein täglicher Kaffeebegleiter! Der Rundumschlag für alles, was mit Webdesign und UX zu tun hat. Von Anfänger-Tutorials bis zu tiefgreifenden Expertenanalysen ist hier alles dabei. (gibt es nur in Englisch)
  • Nielsen Norman Group – Die absoluten Urgesteine der UX-Forschung! Wenn du evidenzbasierte UX-Erkenntnisse suchst, bist du hier goldrichtig. Ihre Forschungsstudien sind in der Branche legendär.
  • Paul Boag – Paul hat eine besondere Gabe, komplexe UX-Konzepte so zu erklären, dass sie jeder versteht. Sein Podcast ist perfekt für ein Wissens-Update!
  • A List Apart – Ein echter Klassiker! Tiefgründige Artikel über Webdesign, Entwicklung und natürlich UX. Die Qualität der Inhalte ist einfach beeindruckend.

Mehr Blogeinträge